Allgemeine Hinweise zur Auswahl des Antibiotikums

Etwa 85% der Antibiotikaverordnungen in der Humanmedizin betreffen den ambulanten Bereich, hauptsächlich Pädiater, Internisten und Allgemeinmediziner.

Ausschließlich bakterielle Erreger sind Ziel einer Antibiotikatherapie. Daher ist zunächst zu entscheiden, ob eine bakterielle Infektionskrankheit vorliegt. Dabei kann die Bestimmung von Leukozytenzahl, CRP und Procalcitonin (PCT) hilfreich sein. Eine zielgerichtete mikrobiologische Diagnostik sollte in jedem Fall, möglichst vor Therapiebeginn, erfolgen.

Hinsichtlich einer aussagekräftigen mikrobiologischen Diagnostik ist die Einhaltung der präanalytischen Vorgaben des Labors zu berücksichtigen, wie z. B. Art und Entnahme des Materials zur Untersuchung, adäquates Probengefäß, zeitnaher bzw. taggleicher Probenversand. Wichtig für die Befundinterpretation durch das Labor sind korrekte und vollständige klinische Angaben auf dem Probenbegleitschein und Angaben zur bisherigen antibiotischen Therapie.

Antibiotika werden ambulant in den meisten Fällen initial empirisch (bei unbekanntem Fokus und unbekanntem Erreger) oder kalkuliert (bei bekanntem Fokus und unbekanntem Erreger, z. B. Pneumonie) eingesetzt.

Fragen zur Auswahl eines Antibiotikums
  • Gibt es eine Leitlinienempfehlung für eine kalkulierte Therapie?
  • Welches antimikrobielle Spektrum ist zu erwarten?
  • Welche Patienten-Spezifika liegen vor? Parameter des Patienten, wie z.B. Alter, Schwangerschaft, Nieren- und Leberfunktion, Komorbiditäten, Allergie, Arzneimittelinteraktionen müssen bei der Wahl und Dosierung des Antibiotikums berücksichtigt werden.

Der Patient ist über die korrekte Einnahme, wie Einhaltung der Zeitabstände der Einnahme, Einnahme vor, mit oder nach einer Mahlzeit, Interaktionen mit anderen oralen Medikamenten und Nahrungsmitteln sowie über die Dauer der Einnahme und mögliche Nebenwirkungen (häufig gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Diarrhoe) sorgfältig aufzuklären.

Nutzen Sie bei Fragen zur Diagnostik oder Therapie gerne unser Beratungsangebot!

Das Antibiogramm

Allgemeine Hinweise

Die Auswertung der Testergebnisse von Antibiogrammen erfolgt nach der europäischen EUCAST-Norm (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing).

Ergebnisse von Antibiotikatestungen werden als „S“, „I“ und „R“ bewertet:

  • S: sensibel (bei Standarddosierung)
  • I: sensibel bei erhöhter Dosierung („increased Exposition“)
  • R: resistent

ACHTUNG: Ein mit „I“ gekennzeichnetes Antibiotikum ist bei einer erhöhten Dosierung völlig gleichwertig zu einem mit „S“ gekennzeichneten Antibiotikum. Bitte berücksichtigen Sie dies bei der Auswahl des Antibiotikums für die Therapie.

Eine Dosierungstabelle von Antibiotika für Jugendliche und Erwachsene finden Sie auf der Webseite des Nationalen Antibiotika-Sensitivitätstest-Komitees (NAK) der EUCAST in Deutschland unter folgendem Link: Dosierungstabelle für Jugendliche und Erwachsene

Definition Intrinsische (natürliche) Resistenz

Einige Erreger besitzen eine sogenannte intrinsische (natürliche) Resistenz. Das heißt, der Erreger ist generell gegenüber einem bestimmten Antibiotikum in üblicher Dosierung resistent. Diese Resistenz ist chromosomal kodiert und wird bei allen Vertretern der Spezies zu finden sein.

Auswahl der intrinsischen (natürlichen) Resistenz bei häufigen Erregern:

  • Enterococcus spp. gegenüber sämtlichen Cephalosporinen
  • Klebsiella spp. gegenüber Ampicillin/Amoxicillin
  • Pseudomonas spp. gegenüber Aminopenicillinen, Cephalosporinen 1., 2. und 3. Generation
  • Staphylococcus saprophyticus gegenüber Fosfomycin

Eine Übersicht intrinsischer Resistenzen bei bestimmten Erregern finden Sie auf der Webseite der EUCAST unter folgendem Link: Übersicht intrinsischer Resistenzen

Auf dem Antibiogramm werden diese natürlichen Resistenzen in der Regel nicht aufgeführt bzw. in speziellen Fällen als „Resistent“ ausgewiesen.

Antibiogramme im ambulanten Bereich

Für Antibiogramme aus dem ambulanten Bereich werden vor allem orale Antibiotika berücksichtigt. Folgende orale Antibiotika werden immer getestet, sofern eine EUCAST-Norm für den Erreger vorhanden ist:

Orale Antibiotika für unkomplizierte Harnwegsinfektionen
  • Nitrofurantoin (nur bei: E.coli, Staphylococcus saprophyticus, Enterococcus faecalis, Streptococcus agalactiae)
  • Pivmecillinam (nur bei: E.coli, Klebsiella spp., Citrobacter spp., Raoultella spp., Enterobacter spp., P. mirabilis)
  • Fosfomycin (nur bei: E.coli)
  • Nitroxolin (nur bei: E.coli)

Hinweis: Nicht für alle Erreger/Antibiotika-Kombinationen sind Angaben zur Wirksamkeit in der EUCAST-Norm hinterlegt.

Vor allem im grampositiven Bereich wirksam
  • Penicillin V
  • Amoxicillin
  • Amoxicillin/Clavulansäure
  • Cefalexin
  • Clindamycin
  • Co-trimoxazol
Vor allem im gramnegativen Bereich wirksam
  • Ciprofloxacin (ACHTUNG: für Pseudomonas spp. einzige Möglichkeit einer oralen Therapie)
  • Co-trimoxazol
  • Trimethoprim
Bei intrazellulären Erregern und im grampositiven und gramnegativen Bereich wirksam
  • Azithromycin (z. B. wirksam auch gegen Chlamydia trachomatis, Mycoplasma genitalium, Campylobacter spp.)
  • Doxycyclin (z.B. wirksam auch gegen Chlamydia trachomatis, Borrelia spp.)
Orale Antibiotika für spezielle Erregernachweise bzw. als Kombinationspartner
  • Linezolid (für MRSA und VRE)
  • Rifampicin (als Kombinationspartner bei z.B. oraler Sequenz-Therapie bei Protheseninfektionen)
  • Mupirocin (als Nasensalbe zur Dekolonisationsbehandlung bei MRSA-Nachweis)

ACHTUNG: Falls erforderlich (z.B. bei Klinikeinweisung, ambulante i.v.-Therapie) können weitere i.v. Antibiotika erfragt werden.

Topisch anzuwendende Antibiotika bei Erregernachweis in Ohr- oder Bindehautabstrichen

Pseudomonas spp.

  • Gentamicin
  • Tobramycin
  • Ciprofloxacin

Staphylococcus aureus

  • Gentamicin
  • Ofloxacin

ß-hämolysierende Streptokokken

  • Ofloxacin

Haemophilus influenzae

  • Ofloxacin

Enterobacterales

  • Ciprofloxacin
  • Gentamicin